Exoskelette im Einsatz
Exoskelette im EinsatzWenn Conny zu Conan wird
von Holger Schmidt
und Dominik Buschardt
Logistik für Roboter-Hersteller
Der Alltag sieht so aus: Mitarbeiter scannen und kommissionieren fleißig. Gabelstapler flitzen durch die Halle und bringen Paletten von A nach B. Vieles muss aber noch in Handarbeit erfolgen. Für die Beschäftigten heißt das: Bücken, ein Paket anheben, es zu einer Palette tragen und dort abstellen. Hunderte Male am Tag. Die anstrengende, immer gleiche Abfolge "Bücken – Heben – Tragen" belastet vor allem die Rücken der Mitarbeiter. Die sollen nun entlastet werden. Als einen wertvollen Baustein zur Lösung des Problems setzt das Unternehmen auf Technologie.
Der Verpacker
Was ist das?
Wie ein Rucksack
Von der Idee, ein Exoskelett zu benutzen, war der 29-Jährige von Anfang an begeistert. „Ich fand es cool, weil ich es schon aus einer Werbung der Bundeswehr kannte“, erzählt der Hüne. „Ich habe mir vorgestellt, dass es hier sehr gut reinpassen kann.“ Als es so weit war, benötigte er nur eine gute Woche, bis er sich an das Tragen und den Umgang mit der neuen Arbeitshilfe gewöhnt hatte. Conny Strobl zieht das Paexo Back ähnlich an wie einen Rucksack. An der Brust und am Bauch schnallt und zurrt er es fest, zusätzlich auch noch an den Oberschenkeln.
Wie funktioniert die Arbeit damit?
Unpraktisch beim Ameise-Fahren
Auch bei der Bedienung von Flurförderzeugen sei es unpraktisch. „Beim Ameise-Fahren stoße ich schnell an, weil ich an den Hüften breiter bin“, sagt Strobl. Mit den Schaltern an den Hüften kann Strobl seinen Anzug ein- und ausschalten sowie die Unterstützungsleistung regulieren.
Für das Heben und Tragen von schweren Gegenständen möchte er das Exoskelett aber nicht mehr missen: „Seitdem wir es haben, nutze ich es immer, sobald es etwas Schweres zu tragen gibt.“
Wie fühlt sich das Heben an?
Der Betriebsleiter
Entlastung der Mitarbeiter
Aus Sicht von Eugen Mohrlang, Betriebsleiter des Augsburger Zentrallagers, zeigt die innovative Idee mit den Exoskeletten Wirkung, wie er im Video erklärt.
Hilft es?
Skepsis ist gewichen
In Augsburg gibt es die Überlegung, den Einsatz von Exoskeletten auf einen weiteren Arbeitsbereich auszudehnen. Im Wareneingang könnten die Arbeitshilfen bei Umpackvorarbeiten entlasten.
Was sind die Vorteile?
Was sind die Nachteile?
Der Prozessoptimierer
Eine Zufallsidee
Die Resonanz auf diesen Test war groß, obwohl er nur an einem Tag durchgeführt wurde. „Wir haben uns dann entschlossen, eine Testreihe zu starten“, fügt Müller hinzu. Neben dem Betriebsrat war dafür auch die Maschinenbau-Fakultät der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg mit im Boot, „um wissenschaftlich fundierte Untersuchungen verschiedener Exoskelette durchführen zu können“.
Die Erprobungsphase ist inzwischen beendet. Das Wort „Ergebnis“ möchte Müller aber nicht in den Mund nehmen. Er spricht lieber von einem „Zwischenstand“.
Wie ist der Zwischenstand?
Lassen sich die Effekte belegen?
Hersteller mit im Boot
Die Unterweisungen lässt DB Schenker – wie auch die Wartungen – durch die Experten der Herstellerunternehmen durchführen, die die Exoskelette zudem individuell an die Beschäftigten anpassen. „Unsere Fachkräfte für Arbeitssicherheit werden auch geschult, damit sie einen Blick darauf haben können, bei welchen Prozessen das Exoskelett vorgesehen ist und ob es richtig eingesetzt wird“, erklärt Müller. „Wir achten darauf, dass die Anwendung zum Exoskelett passt, damit wir die Gesundheit unserer Mitarbeiter nicht gefährden.“
Wichtig ist DB Schenker auch der regelmäßige Austausch mit den Herstellern. Dadurch sollen die Exoskelette optimiert werden.
Was lässt sich optimieren?
Arten von Exoskeletten
Aktive Exoskelette
Das Cray X gehört zu den aktiven Exoskeletten. Diese funktionieren über kraftgenerierende Komponenten wie zum Beispiel elektrische Motoren oder pneumatische Antriebe. In der Reha ermöglichen solche Exoskelette querschnittgelähmten Menschen das Gehen. Im Arbeitsumfeld muss sich ihr größerer Nutzen gegenüber passiven Modellen erst noch erweisen.
Im Zentrallager in Augsburg erwies sich der Einsatz angesichts der teilweise beengten Arbeitsplätze in Verpackung und Setbildung als unpraktisch. Zudem wiegt das Cray X fast doppelt so viel wie das vier Kilogramm schwere Paexo Back.
Passive Exoskelette
Das Paexo Back von Ottobock, das in Augsburg eingesetzt wird, ist ein solches passives Exoskelett. Der generelle Nachteil sowohl der aktiven als auch der passiven Modelle: Sie sind etwas sperrig, wenn man sich durch beengte Räume bewegen oder in einen Gabelstapler steigen will.
Textile Exoskelette
Dafür sorgen sie für eine ergonomische Haltung und die Entlastung des unteren Rückens, wenn Mitarbeiter beispielsweise Zubehörpakete packen und die Paletten für die Auslieferung vorbereiten. Mine Nalbant gehört zu diesen Beschäftigten, die die textilen Exoskelette nutzen.
Die Verpackerin
Bei welcher Arbeit hilft das textile Exoskelett?
Das Bücken und der Rücken
Man kann sich vorstellen: Die Beschäftigten müssen sich oft bücken. „Eigentlich die ganz Zeit“, sagt Mine Nalbant. Und das geht – zusammen mit dem Heben und Tragen der Pakete sowie des restlichen Zubehörs – ganz schön auf den Rücken. Oder vielmehr: Es ging auf den Rücken. Denn jetzt hat die Verpackerin ja das Exoskelett, wie sie im Video erzählt.
"Man merkt es"
Positiver Nebeneffekt
Einen netten, wenn auch unbeabsichtigten positiven Nebeneffekt gibt es sogar noch: Wenn sich Mine Nalbant über ein Paket beugt, um es zu beladen, ist der Rand des Kartons oft auf Höhe ihres Bauches – jetzt drückt ihr der Rand nicht mehr ins Fleisch, denn dort ist sie durch das textile Exoskelett geschützt.
Sie ist jedenfalls inzwischen angetan davon, wenngleich auch sie anfangs zu den Skeptikern gehörte, wie sie verrät.
Erst komisch - dann überraschend gut
Der Gesundheitsmanager
Die Menschen mitnehmen
Für die Akzeptanz der Exoskelette sei es wichtig, die Beschäftigten mitzunehmen und zu überzeugen. „Man muss den Einsatz gut vorbereiten und es den Menschen nahebringen“, sagt Stehn. Dafür erkläre man ihnen, dass der Einsatz von Exoskeletten als Präventionsmaßnahme wichtig sei, um Muskel-Skelett-Erkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen.
"Eine Herzensangelegenheit"
Das TOP-Prinzip gilt
Frank Stehn weiß aber auch, dass es in der Logistikbranche Grenzen der Technisierung und Automatisierung gibt. Nicht überall können Gabelstapler zum Einsatz kommen, vieles muss beispielsweise noch händisch entladen werden. Er nennt das Beispiel der Seefrachtcontainer. 400 bis 600 Packstücke müssten palettisiert werden, mit einem Gesamtgewicht von „locker 20 bis 24 Tonnen“, führt Stehn aus. „Damit arbeiten wir täglich. Und es gibt wenige Hilfsmittel.“ Eines davon sind Exoskelette. Und die sollten Teil eines stimmigen Gesamtkonzeptes zum Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten sein.