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Glanz weit oben

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Glanz weit oben

Die Welt sieht von hier oben beeindruckend klein aus. Süleyman Tülü und Kazim Demirbas haben aber keinen Blick dafür. Sie sind ganz auf ihre Arbeit konzentriert. Und die besteht darin, die Fenster des Frankfurter Messeturms zu reinigen. PRÄVENTION AKTUELL hat die Glasreiniger der WISAG Gebäudereinigung einen Tag lang begleitet. Eine Reportage, die in 220 Metern Höhe beginnt.


von Holger Schmidt
und Dominik Buschardt
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Bevor die Glasreiniger aber überhaupt mit der Arbeit beginnen können, müssen einige Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Eine ist ganz offensichtlich: die Absturzsicherung. Um bei einem Sturz nicht in die Tiefe zu fallen, ziehen Tülü und Demirbas ihre persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) an, die sie später mit Karabinerhaken an der Gondel befestigen.

Auch Einwascher und Abzieher sind gesichert, falls sie den Männern bei der Reinigung aus der Hand fallen sollten. Zwar ist der Fußgängerbereich unterhalb des Areals, wo Fenster und Fassade gereinigt werden, weiträumig abgesperrt. Aber sicher ist sicher.

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Die Gondel ist an einer Befahranlage befestigt, die sich auf Schienen rund um die Plattform unterhalb der Turmspitze steuern lässt. Haben sie die Gondel in die richtige Position gebracht, klettern die Glasreiniger hinein und steuern aus dem Korb heraus. Das funktioniert aber nicht mit einer Person alleine, wie Süleyman Tülü im Video erklärt.
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Demirbas hält also den schwarzen Knopf gedrückt, eine Art Totmannschalter. Tülü manövriert die Gondel währenddessen in die richtige Position. Dabei ist Präzision gefragt. Er schwenkt nach oben, über den Rand des Hochhauses hinaus, dann wieder etwas nach unten. So nähert er sich der Fassade, bis die Position erreicht ist, um die Gondel an den Führungselementen des Turms zu befestigen.

Demirbas und Tülü haben jeweils eine Metallleiste mit sechs Plastikrollen, „Schlitten“ genannt, in der Hand und bringen sie an der Führungsschiene an. Eine Fummelarbeit, die die Männer routiniert und schnell erledigen. Und die wichtig ist für die Stabilität und eine zusätzliche Sicherheit.

Damit sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Die Fensterreinigung kann losgehen!

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Bei 64 Etagen und einer Höhe von 257 Metern bis zur Spitze sind die Glasreiniger dabei ordentlich beschäftigt. Zwei Durchgänge „von oben nach unten“ schaffen Tülü und Demirbas am Tag, 55 sind insgesamt nötig.

Sechs bis sieben Wochen dauert die Reinigung des Messeturms, der seit 1990 wie ein gigantischer, gut angespitzter Bleistift emporragt. Unten eckig und ein wenig verwinkelt, nach oben hin rund und ganz oben die Spitze.

Die Architektur bringt durchaus Tücken mit sich. Nach acht bis zehn Stockwerken müssen die WISAG-Mitarbeiter nämlich die Führungsschienen wechseln. Kazim Demirbas veranschaulicht, was das bedeutet: „Aushängen, ausschwenken, positionieren, einhaken – da haben wir ein bisschen Stress.“ Also wiederholt sich der gleiche Sicherungsprozess wie vor dem Start oben auf der Plattform. Ist der zweite Manövriervorgang beendet, kann es auf den nächsten Etagen weitergehen mit der Glasreinigung.

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Auch bei Windgeschwindigkeiten von weniger als sieben Metern pro Sekunde kann die Arbeit an der Fassade zu gefährlich sein. Das Risiko zu beurteilen, liegt im Ermessen der Glasreiniger.

Denn eine genaue Angabe findet sich in der Arbeitsschutzrichtlinie nicht, ab welcher Windgeschwindigkeit die Arbeiten einzustellen sind. Die Hersteller der Fassadenaufzüge berechnen die maximale Arbeitswindlast für ihre Gondeln. 

Die WISAG Gebäudereinigung sorgt aber schon lange vor Aufnahme der Tätigkeiten dafür, dass die Mitarbeiter so sicher wie möglich arbeiten können, betont Sascha Ritter. Seit sechs Jahren ist er als Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) tätig.

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Die WISAG wird für die Reinigung der verschiedensten Objekte beauftragt – von Büros über Kliniken bis hin zu Hochhäusern. Insofern gebe es an potenziellen Gefährdungen „alles Mögliche“, sagt Sascha Ritter.

Da wäre die UV-Strahlung. Insbesondere im Sommer müssen sich die Beschäftigten, die draußen arbeiten, mit Kopfbedeckung, Sonnenbrille, langer Kleidung und Sonnencreme schützen.

Da wären die Schnittverletzungen. Zum Beispiel, wenn im Papiermüll Glas oder scharfkantige Gegenstände entsorgt werden, die die Reinigungskraft dort nicht vermutet.

Da wären die SRS-Unfälle, also Stolpern, Rutschen, Stürzen. Diese treten etwa bei der Treppenhausreinigung auf. Oder bei der Benutzung eines der gefährlichsten Arbeitsmittel überhaupt, der Leiter. Die WISAG bemüht sich um Alternativen dazu, wie Ritter erklärt (Klick auf Play-Button).

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Auf dem Messeturm in mehr als 200 Metern Höhe ist der Einsatz von Teleskopstangen natürlich keine Option. Es müssen also Reinigungsmittel benutzt werden, die durchaus Gefahrstoffe enthalten können. „Bevor wir ein Objekt reinigen, prüfen wir, welche Reinigungsmittel wir einsetzen können und müssen“, sagt Sascha Ritter. „Dort wo es möglich ist, verwenden wir gesundheitsverträgliche Mittel. Falls wir doch mal solche mit aggressiveren Inhaltsstoffen einsetzen müssen, ist es wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß der Betriebsanweisung zu schulen.“

In Frankfurt verwenden die Glasreiniger umweltverträglichen Neutralreiniger. Zu ihrem persönlichen Schutz tragen sie dabei Schutzhandschuhe.

Die personenbezogenen Maßnahmen sind aber – wie in allen Branchen – auch in der Gebäudereinigung in der Hierarchie der Schutzmaßnahmen nachrangig hinter technischen und organisatorischen Maßnahmen. Wie sich dieses sogenannte TOP-Prinzip des Arbeitsschutzes am Messeturm darstellt, veranschaulicht Ritter im Video.

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Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen: Nicht jeder ist für die Arbeit in der Höhe geeignet und kann die Fassaden von Wolkenkratzern reinigen. Wer eine Ausbildung beginnen will, muss sich vorher einer arbeitsmedizinischen Untersuchung nach G 41 unterziehen. Das ist die Untersuchung für die Arbeit mit Absturzgefahr. Dabei wird unter anderem geschaut: Hat derjenige Höhenangst? Ist er schwindelfrei? Und ist er körperlich fit für die anstrengende Tätigkeit?

Für Süleyman Tülü und Kazim Demirbas ist das Reinigen von Hochhäusern inzwischen Routine. Tülü ist zum dritten Mal am Messeturm im Einsatz. Immer von oben nach unten, ungefähr 120 Fenster am Tag. Gezählt hat er die Fenster nicht, die er dort zum Glänzen bringt.

So sehr ihm die Arbeit in der Gondel auch Spaß macht – nach sechs oder sieben Wochen ist er froh, bei der Arbeit auch mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, wie er im abschließenden Video sagt.

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