Psychische Belastungen
Arbeitsschutz bei der BundeswehrKRIEG UND FRIEDEN
von Katharina Müller-Güldemeister (Text)
und Holger Schmidt (Redaktion)
Belastete Psyche
Dennoch können nicht immer alle Erlebnisse auch gut verarbeitet werden, wie Dr. Peter Zimmermann in einem Video erklärt. Der Oberstarzt leitet das im Bundeswehrkrankenhaus Berlin angesiedelte Psychotrauma-Zentrum, das 2009 gegründet wurde, um psychischen Einsatzfolgeschäden besser vorzubeugen und sie zu behandeln.
Über das Erlebte reden
Online, über eine App, per Telefon-Hotline können sich Betroffene ersten Rat über PTBS holen. Im Psychotrauma-Zentrum der Bundeswehr werden Therapien in Einzelgesprächen und Gruppensitzungen angeboten. Betroffene könnten sich aber auch zivil behandeln lassen. In den vergangenen fünf Jahren wurden bei der Bundeswehr pro Jahr zwischen 274 und 344 einsatzbedingte psychische Neuerkrankungen erfasst. Neben Anpassungsstörungen, Depressionen und Platzangst waren darunter bis zu 235 PTBS-Diagnosen. Laut Bundeswehr sprechen 90 Prozent der Patienten sehr gut auf eine Therapie an. Über das Erlebte zu reden, helfe fast immer.
Der Podcast in voller Länge
Studie "Leben nach Afghanistan"
Was es bedeutet, PTBS zu haben
Arbeitsunfälle
Es lebe der Sport?
Mit 30 Prozent der 2019 gemeldeten Arbeitsunfälle bilden Sportverletzungen die größte Kategorie in der Unfallstatistik. Besonders Sportarten wie Fußball, Volleyball oder Basketball treiben die Zahlen hoch, etwa durch Bänderzerrungen und Verstauchungen. „Dass bei der Bundeswehr befehlsgemäß Sport betrieben wird, versaut uns die Statistik“, sagt Erich Becher etwas scherzhaft. „Außer bei der Bundeswehr, bei der Polizei, beim Bundesgrenzschutz oder bei Feuerwehren gibt es angewiesenen Sport ja nicht so häufig.“
Besondere "Auslandsmission"
Ohrenbetäubend
Die Unfallquote
Viele Unfälle – 2019 waren es bei der Bundeswehr rund ein Viertel – ereigneten sich ganz banal, „zum Beispiel wenn Leute in Gedanken sind und stolpern.“ So etwas werde man nie ganz vermeiden können. In anderen Bereichen erhofft sich die Zentrale Stelle für Arbeitsschutz einen Rückgang: durch Präventionskampagnen und Schulungen etwa sowie eine Fachaufsicht, die den Arbeitsschutz in den Dienststellen überprüft.
Sicher auf dem Weg
Im vergangenen Jahr machten Wegeunfälle knapp zehn Prozent aller Arbeitsunfälle bei der Bundeswehr aus und forderten sogar einen von fünf Toten. Die anderen starben durch einen Verkehrsunfall im Dienst, durch Treppensturz, Hubschrauberabsturz bzw. einen Zusammenstoß zweier Eurofighter. In den vergangenen zehn Jahren kamen bei der Bundeswehr 94 Menschen durch Arbeitsunfälle ums Leben.
„Wegeunfälle sind durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes schwer beeinflussbar“, sagt Erich Becher, „die Mitarbeiter sitzen in ihrem Auto und sind in ihrer Welt.“ Viele hätten außerdem einen Arbeitsweg von 100 Kilometern und mehr zu den Standorten, die oft dezentral liegen. Um diesen Unfallschwerpunkt anzugehen, bietet die Bundeswehr ein Sicherheitstraining an, das junge Fahrer für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren soll.
Prävention
Arbeitsschutz für fast alle Berufsfelder
Zu den professionsübergreifenden Allroundern bei der Bundeswehr gehören die Spezialpioniere. Sie schaffen mit ihren technischen und handwerklichen Fähigkeiten die Voraussetzungen für eine längere Stationierung und Versorgung von Soldaten im Einsatz. Sie errichten Feld- und Tanklager, sorgen für den Aufbau einer sicheren Versorgung mit Elektrizität, Energie und Wasser.
Die Anpacker
Kampagnen auf Bundeswehrdeutsch
"Arbeiten in Balance"
Der Podcast in voller Länge
Noch Luft nach oben
Im Nachhinein schlagen Therapien in 50 bis 80 Prozent der Fälle gut an und ermöglichen ein zufriedenstellendes Privat- und Berufsleben. Wichtig sei es laut Dr. Peter Zimmermann, dass über Posttraumatische Belastungsstörungen, aber auch über Angststörungen und Depressionen offen gesprochen werden kann. „Aufklärung tut not“, erklärt der Oberstarzt im Bundeswehr-Podcast. Im Umgang mit den Erkrankungen habe sich zwar schon einiges gewandelt. Aber: „Ein bisschen Luft nach oben haben wir durchaus noch.“
Interview Erich Becher
Arbeitsschutzgesetz gilt - ausnahmslos
Gibt es für die Bundeswehr Ausnahmen vom Arbeitsschutzgesetz?
Erich Becher: Nein, die Bundeswehr unterliegt dem Arbeitsschutzgesetz zu 100 Prozent.
Auch bei Auslandseinsätzen?
Becher: Bei Einsätzen im Ausland, zum Beispiel in Afghanistan oder Mali, richtet sich die Bundeswehr, soweit es die Lage zulässt, nach den deutschen Gesetzen, die durch Befehl zur Geltung gebracht werden.
Im Krieg wie im Frieden
Becher: Gemäß unserer grundlegenden Arbeitsschutzvorschrift wird der Arbeitsschutz im Krieg grundsätzlich genauso durchgeführt wie im Frieden. Im normalen Dienstbetrieb richten wir uns nach den zivilen Vorgaben: Die Beamten und Soldaten arbeiten 41 Stunden, die Arbeitnehmer 39 Stunden, Überstunden werden abgegolten. Bei einsatzgleichen Verpflichtungen gelten die gleichen Vorgaben. Die Leute arbeiten zum Beispiel das Wochenende durch, Mehrarbeit wird aber durch eine Einsatzzulage abgegolten.
Wie ist das Verhältnis von Unfällen im Einsatz zu Unfällen im normalen Dienstbetrieb?
Becher: Dadurch, dass in den Camps im Ausland genau der gleiche Arbeitsschutz betrieben wird, passieren dort auch nicht mehr Unfälle als hier.
Corona und die Folgen
Becher: Wir richten uns nach den Vorgaben der Bundesregierung und halten die Hygienevorschriften ein. Außerdem haben wir Weisungen rausgegeben, die zum Beispiel die Betriebssicherheit von technischen Anlagen betrifft. Da mussten wir Vorgaben machen, dass Anlagen und Fahrzeuge, die nicht gewartet werden konnten, nicht außer Betrieb gesetzt werden.
Wie war das in den Kasernen?
Becher: Hier galt: Abstand halten und Masken tragen. Bei Übungen wurden Kohorten gebildet, also kleine Gruppen, die gemeinsam untergebracht werden und die Abstand zu anderen Kohorten halten mussten. Vor einer Übung mussten die Beteiligten in Quarantäne gehen.