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Lebensretter unter Druck

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Lebensretter unter Druck

Stichverletzung, hoher Blutverlust. Mehr wissen die Sanitäter nicht, als sie vor Ort eintreffen. Es muss schnell gehen. Wie so oft bei ihren Einsätzen. Notfall- und Rettungssanitäter helfen in der Not und retten Leben. Aber sie sehen auch viel Leid und sind mit dem Tod konfrontiert. Wie werden Sie darauf vorbereitet und wie gehen sie mit dem Erlebten um?


von Holger Schmidt
und Andreas Arnold
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Notrufe über die 112 gehen bei der Rettungsleitstelle ein. Die fragt strukturiert die Situation ab und gibt die Infos an einen Rettungsdienst weiter. „Nach der Alarmierung müssen wir innerhalb von 60 Sekunden ausrücken und innerhalb von 10 Minuten am Einsatzort sein“, sagt Edwin Klingelhöfer, der bei den Johannitern im hessischen Wetteraukreis als Notfallsanitäter arbeitet. Für ihn beginnt dann mit der Alarmierung der Einsatz.
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Verletzt ist der Patient in diesem Fall aber nicht wirklich. Praktikant Mathies Marzina spielt das Opfer. Die Ersthelferin ist Jennifer Heller, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Johanniter-Unfall-Hilfe im Regionalverband Rhein-Main kümmert.

Für PRÄVENTION AKTUELL ließ uns der Rettungsdienst vor dem zweiten Lockdown einen Blick hinter die Kulissen des Johanniter Ausbildungs- und Trainingszentrums (JATZ) in Frankfurt werfen. Die Begleitung eines Rettungsfahrzeugs war aufgrund der Corona-Lage nicht möglich. Stattdessen durften wir bei einer Übung in der „San-Arena“ dabei sein, wo die Azubis in einem Rettungswagen oder einem Rettungshubschrauber für den Ernstfall trainieren.
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An die echten Fahrten im Rettungswagen aus seiner Anfangszeit bei den Johannitern kann sich Leon Steinhagen noch gut erinnern. „Die ersten Einsätze waren ziemlich spannend“, sagt der 22-Jährige. „Auch wenn es gar nicht an sich die spannendsten Einsätze waren, sondern einfach die Situation. Die Alarmierung. Die Action, die darauf folgt. Den Patientenkontakt kennenlernen. Das war ziemlich aufregend.“

Inzwischen ist der Notfallsanitäter-Azubi im dritten Lehrjahr und hat schon einiges erlebt. Auch den Umgang mit Schwerverletzten und Toten, wie er im Interview erklärt.

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Edwin Klingelhöfer sieht das ganz ähnlich. Ihm helfe der Austausch mit Kollegen. Darüber hinaus sei es gut zu wissen, dass es Anlaufstellen wie die psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) gebe. Dort erhalten neben Betroffenen – also Opfer, Augenzeugen, Angehörige – auch Einsatzkräfte Unterstützung, um mit belastenden Situationen besser fertig zu werden.

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Reden hilft also bei der Verarbeitung des Erlebten. Aber nicht nur dabei. „Wir vermitteln das gesamte Spektrum an Fähigkeiten und Fertigkeiten, die draußen gebraucht werden“, sagt Michael Mauderer. Nicht nur medizinische, sondern auch kommunikative Fähigkeiten, wie der Schulleiter des Johanniter-Ausbildungs- und Trainingszentrums betont, denn: „Wir sind im Prinzip auch kleine Sozialarbeiter.“

Noch dazu ist Kommunikation in heiklen Situationen das A und O…

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Vom Erfahrungsschatz Michael Mauderers sollen seine Schüler am JATZ profitieren. Seit seinem Zivildienst im Jahr 1993 ist der Leiter der Berufsfachschule im Rettungsdienst tätig und hat einiges erlebt. Er wisse, wie er bei kritischen Einsätzen auftreten und handeln müsse, um bestimmte Situationen herbeizuführen oder zu vermeiden. Das den Schülern zu vermitteln, sei wichtig: „Aus Büchern können sie sehr viel lernen, aber immer in der Medizin ist es so: Die Erfahrung ist das Wesentliche.“
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Erfahrungen mit Gewalt hat auch Edwin Klingelhöfer bereits gemacht. „Verbal erlebt man das immer wieder“, sagt der 23-Jährige. Das treffe ihn aber nicht hart, versichert er: „Die Worte gehen ins eine Ohr rein und durchs andere direkt wieder raus.“

Tätlich angegriffen wurde Klingelhöfer erst einmal. „Allerdings stand die Patientin massiv unter Drogen. Also wahrscheinlich wusste sie gar nicht, was sie da gerade tut oder wo sie ist.“

Bei der Notfallübung ist im Rettungswagen auch nicht mit Gegenwehr des Verletzten zu rechnen. Stattdessen müssen Klingelhöfer und Leon Steinhagen die Fahrt ins Krankenhaus vorbereiten.

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Notfälle wie in der Übung sind eher die Ausnahme. Die verlässlichsten Zahlen über die Einsätze des gesamten Rettungsdienstes in Deutschland stammen aus einem Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen aus dem Oktober 2019 und basieren auf Daten des Zeitraums 2016/17. Neben sonstigen, nicht näher aufgeschlüsselten Notfällen werden die Retter vor allem zu internistischen Notfällen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen gerufen. Weitere Zahlen zum Rettungsdienst in Deutschland:

  • Einsätze: 13,9 Millionen pro Jahr
  • Einsatzfahrten: 16,4 Millionen pro Jahr
  • Einsatzrate: 169 pro 1.000 Einwohner
  • Einsatzaufkommen: 52,5 % Notfälle, 47,5 % Krankentransport

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Eine große Unbekannte bei den Einsätzen sind die Außenstehenden, die den Helfern die Arbeit erschweren. „Das bekannte Gafferproblem hat sicher jeder Rettungsdienstler schon erlebt und erlebt es immer wieder“, sagt Klingelhöfer. Menschentrauben an der Einsatzstelle. Schaulustige, die ihr Smartphone auf die Unfallstelle oder den Erkrankten richten. „Das sind Sachen, die uns belasten. Man ärgert sich schon über die Schamlosigkeit, die manche Menschen an den Tag legen“, sagt Klingelhöfer.

Und dann gibt es da ja noch ein Ärgernis, das lebensbedrohlich sein kann.

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Immerhin: Bei der Rettungsübung muss sich Klingelhöfer keine Gedanken um gescheiterte Rettungsgassen machen. Sein Kollege Leon Steinhagen hat hinten im Wagen einen Zugang gelegt. Der Patient erhält nun eine Salzwasserlösung, um den Blutverlust auszugleichen. Dann wird es noch einmal ernst…
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Mit dem Verlassen des Rettungswagens ist die Übung für die Sanitäter vorbei. Patient Mathies Marzina wird von den Materialien befreit und kann sich das Kunstblut abwischen. Er möchte selbst gerne eine Ausbildung zum Notfallsanitäter beginnen. Warum das eine gute Idee ist, erklären Leon Steinhagen und Edwin Klingelhöfer zum Abschluss.
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Was in einen Rettungswagen gehört

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Making of... Der Verletzte

Wer bei einem Notfall Leben retten soll, der muss dafür üben. Am besten in einem täuschend echten Szenario. Damit aus Mathies Marzina ein täuschend echter Verletzter wird, ist mehr gefragt als das schauspielerische Talent des Praktikanten.
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Michael Mauderer ist einerseits als Schulleiter des Johanniter-Ausbildungs- und Trainingszentrums (JATZ) in Frankfurt gefragt. Andererseits aber auch als Maskenbildner.
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Was darf bei einer Stichverletzung nicht fehlen? Natürlich – das Blut. Selbstverständlich kein echtes, der Praktikant soll schließlich überleben, um später im Idealfall selbst mal Notfallsanitäter zu werden. Die Johanniter verwenden Kunstblut, das auch an Theatern als Requisite zum Einsatz kommt.
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Nicht geizig sein mit dem Zeug! Schließlich ist es keine harmlose Fleischwunde, sondern eine lebensgefährliche Verletzung.
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Hervorgerufen übrigens durch diesen Schraubenzieher, der in der „San-Arena“ unweit des Tatorts auf dem Boden liegt. Ebenfalls blutverschmiert.
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„Jetzt musst du mit dem Tuch mal die Augen schützen“, weist Mauderer den „Verletzten“ an. Mit einer Spritze beträufelt er die Stirn mit einem Wasser-Glycerin-Gemisch. Denn…
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… das Opfer soll ja möglichst viele Details eines Verletzten aufweisen. Und da kommt es Mauderer auch auf Kleinigkeiten an. „Der Schweiß ist ein Hinweis auf eine sehr gefährliche oder lebensbedrohliche Situation.“
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Das Opfer der Schraubenzieherattacke ist präpariert und macht nun seinen Job – und der besteht vor allem darin, auf dem Boden zu liegen und vor Schmerzen zu schreien und zu stöhnen.
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Zum Szenario gehört noch ein Ersthelfer. In diesem Fall ist es Jennifer Heller, die beim Regionalverband Rhein-Main der Johanniter für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Soll ich von Anfang an ein Tuch haben?“, fragt sie. „Ja, du hast mal gehört, dass du auf die Wunde drücken musst, mit einem Schal oder so“, antwortet Michael Mauderer.
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Nun ist die Rettung ganz nah. Auch wenn es nur eine Übung ist, treibt Michael Mauderer an: „Bauchverletzung, kritischer Patient, zackig!“ Die Spiele in der „San-Arena“ können beginnen.

Spiele, die dazu beitragen, später einmal Leben zu retten. Dann mit echten Verletzten und echtem Blut.
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