Sie schneiden, sie reißen und sie lassen es manchmal richtig krachen: Beim TÜV Rheinland zerstören die Beschäftigten Produkte – vorsätzlich, aber immer streng nach Norm. Die Versuche dienen der Verbrauchersicherheit. Nur wenn die Produkte den Prüfungen standhalten, dürfen sie später auch als persönliche Schutzausrüstung (PSA) verkauft werden. Im Kölner Prüflabor hat sich PRÄVENTION AKTUELL angesehen, wie Hand-, Kopf- und Knieschutz getestet werden.
von Holger Toth
Wer als Hersteller persönliche Schutzausrüstung (PSA) in Europa auf den Markt bringen will, muss dafür eine Konformitätserklärung abgeben. Mit Anbringen des CE-Zeichens erklärt der Hersteller, dass er die Anforderungen der EU einhält und für sein Produkt haftet. Bei bestimmten Produktkategorien sind dafür verpflichtende Prüfungen durch externe, sogenannte notifizierte Prüfstellen erforderlich. Zu diesen neutralen, staatlich anerkannten und überwachten Organisationen gehört auch TÜV Rheinland.
Von Küchengeräten und Möbeln bis hin zu Spielzeug, Pflanzenschutzmitteln und Elektronik überprüft der TÜV Rheinland alles, was Verbraucher kaufen können. Auch persönliche Schutzausrüstung (PSA). „Es ist nie langweilig, weil die Vielfalt an Produkten so groß ist“, sagt Cornelia Baier, die als Sachverständige auf Schutzkleidung und Schutzhandschuhe spezialisiert ist.
Wie die Tests ablaufen, erfahren wir am Beispiel von Schutzhandschuhen gegen mechanische Gefährdungen. Diese sind mit einem kleinen, meist aufgedruckten Hammersymbol gekennzeichnet und müssen bestimmte Anforderungen nach der Norm EN 388 erfüllen. Zunächst geht es aber um Grundsätzliches.
Der Start ist für die Handschuhe also noch harmlos – später werden sie für die Prüfungen in ihre Einzelteile zerlegt. Zunächst nimmt Cornelia Baier aber Maß. Stimmen Länge und Breite mit der Norm überein? Ist die Schutzfläche groß genug?
Ein letztes Mal kommt der Handschuh im unversehrten Zustand zum Einsatz. Die Prüferin testet, wie gut sich mit dem Handschuh greifen lässt. Dafür nimmt Cornelia Baier jeweils fünfmal hintereinander fünf verschieden große Metallstifte zwischen die Finger und legt sie wieder ab. Sie fängt mit dem Stift mit dem größten Durchmesser an und arbeitet sich bis zum kleinsten Stift vor. „Jeder Prüfer ist ausgebildet und muss das erlernen“, erklärt sie den Versuch, bei dem die subjektive Wahrnehmung auf objektive Kriterien trifft.
Die Sachverständige demonstriert die Prüfung mit zwei verschiedenen Handschuhen. Wenig überraschend: Mit dem gestrickten, dünneren Handschuh ist sie wesentlich fingerfertiger als mit dem klobigen Hitzeschutzhandschuh: „In Gießereien muss ich aber auch nicht so fingerfertig sein wie in der Produktionslinie im Automobilbereich, wo ich vielleicht mal eine kleine Schraube anpacken muss.“
Klare Sache: Mit dem gestrickten Handschuh lässt sich leichter greifen als mit dem Hitzeschutzhandschuh.
Beim Greiftest gibt es kein Bestehen oder Durchfallen. „Man überprüft, für welche Tätigkeiten der Handschuh geeignet ist“, sagt Cornelia Baier. Das Siegel „TÜV Rheinland zertifiziert“ darf der Hersteller aber nicht anbringen, wenn er die besonders gute taktile Wahrnehmung des Handschuhs anpreist, das Produkt beim Greiftest aber schlecht abschneidet.
Jetzt wird es im Sinne der EN 388 ernst für den Handschuh. Cornelia Baier bereitet den Versuch zur Durchstichfestigkeit vor. Dafür muss sie ein wenig basteln: „Um alle Prüfungen durchzuführen, brauche ich ungefähr zehn Paar Handschuhe. Das ist schon materialaufwendig.“
Die Durchstichfestigkeit ist eine von vier Eigenschaften gegen mechanische Gefährdungen, auf die der Handschuh getestet wird. Die anderen sind die Schnittfestigkeit, die (Weiter-)Reißfestigkeit und die Abriebfestigkeit. Mindestens einen der Tests muss der Handschuh bestehen, um gemäß EN 388 zertifiziert zu werden.
Bei unserem ersten Test drückt eine Maschine einen Nagel so lange auf die Handschuhprobe, bis ein Loch entsteht. Ein Sensor misst die aufgebrachte Kraft. Entsprechend wird der Handschuh dann in die Schutzstufen 0 bis 4 (niedrig bis sehr hoch) eingestuft. Unser Testhandschuh ist mit Stufe 1 gekennzeichnet, er muss eine Kraft zwischen 20 und 60 Newton aushalten, bis der Nagel durchdringen darf. Insgesamt wird der Test viermal wiederholt. Der geringste Wert ist für das Prüfergebnis ausschlaggebend – also die niedrigste Kraft, bei der der Handschuh durchdrungen wird.
Die PSA-Hersteller bieten ihre Produkte für verschiedenste Branchen und Tätigkeiten an. Welcher Schutz erforderlich ist, ermittelt der Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz in der Gefährdungsbeurteilung. Nicht jeder Arbeitnehmer benötigt zum Beispiel einen Handschuh mit hoher Durchstichfestigkeit. „Wer in der Verpackung mit Cuttermessern hantiert, achtet mehr auf Schnittfestigkeit, weil dort das Risiko liegt“, erklärt Cornelia Baier. „Im Umgang mit rauen Ziegelsteinen kann es in der Baubranche aber zum Beispiel sinnvoll sein, das Augenmerk auf den Abrieb zu legen.“
Die Hersteller wählen ihre Materialien aber häufig so aus, um möglichst in allen vier Leistungstests mit guten Ergebnissen zu bestehen. Mit dem fertigen Handschuh wenden sie sich dann an den TÜV Rheinland. „Unser Auftrag lautet dann, die Leistungsfähigkeit des Produkts zu ermitteln“, erklärt Cornelia Baier.
Beim Test zur Abriebfestigkeit wird eine Probe in eine Maschine gespannt und auf Schmirgelpapier gerieben. Wie viele Zyklen – auch „Scheuertouren“ genannt – schafft der Handschuh, bis ein Loch entsteht?
Vier Proben eines Handschuhs müssen geprüft werden. Damit alles standardisiert ist, fährt die Maschine immer die gleichen Bahnen auf dem Schmirgelpapier. Und selbst das Schmirgelpapier ist genormt, damit die Ergebnisse in jedem Labor reproduzierbar sind.
Wie bei der Prüfung der Durchstichfestigkeit gibt es die Schutzstufen 0 bis 4. Nach 100 Zyklen hat die Probe Stufe 1 erreicht, ab 500 die Stufe 2, ab 2.000 die Stufe 3 und bei mehr als 8.000 die höchste Stufe.
Oft machen die Hersteller keine Vorgabe, bis zu welcher Schutzstufe der TÜV Rheinland prüfen soll. „Sie wollen eher von uns hören, welche Stufe ihr Handschuh erreicht“, sagt Cornelia Baier. Das bedeutet für die Sachverständigen also: „Prüfen bis zur Zerstörung.“ Im Prüfbericht tragen sie die erreichte Schutzstufe dann ein.
Auf zur nächsten Prüfung. Beim sogenannten Coupe-Test wird überprüft , wie schnittfest der Handschuh ist.
Hier gibt es die Schutzstufen 0 bis 5, die sich aus dem ermittelten Index ableiten. Das klingt abstrakt. Aber durch die Angabe der Schutzstufe können Arbeitgeber erkennen, ob die Schutzhandschuhe für ihre Arbeitsplätze ausreichen. Für Arbeitsplätze mit Schnittrisiko sind beispielsweise Handschuhe der Schutzstufe 3 empfehlenswert.
Seit einigen Jahren gibt es ein neues Verfahren zur Prüfung der Schnittfestigkeit. Denn Schnittschutzhandschuhe aus modernen Materialien wie Glas- oder Stahlfasern lassen die runden Klingen, die beim Coupe-Test verwendet werden (siehe Foto), abstumpfen.
Bei diesen Schutzhandschuhen muss dann die Schnittschutzprüfung nach ISO 13997 (TDM-Schnittfestigkeitsprüfung) erfolgen. Im Test wird die Haltbarkeit des Handschuhs gegen einen scharfkantigen Gegenstand bei einem einmaligen Kontakt bestimmt. Dafür schneidet eine gerade Klinge über die Probe. „Wie mit einem Cuttermesser“, veranschaulicht Cornelia Baier. Die Kraft wird beim Versuch so lange erhöht, bis ein Schnitt von zwei Zentimetern Länge erreicht ist. Das Ergebnis wird in Newton angegeben und der Schutzhandschuh in eine Schnittschutzklasse A bis F eingeordnet.
Generell werden Schutzhandschuhe in drei PSA-Kategorien unterteilt. Die Kategorie I ist gedacht für den Umgang mit geringen Risiken, beispielsweise bei Kontakt mit Spülmitteln oder Flüssigkeiten unter 50 Grad Celsius. Handschuhe für die Haushaltsreinigung oder für die Gartenarbeit fallen darunter. Hierfür reicht es aus, wenn der Hersteller interne Fertigungskontrollen gemäß der PSA-Verordnung durchführt. Die technische Dokumentation dieser Kontrollen dient den Behörden als Beweis für die Einhaltung der Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen.
Die meisten Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken fallen unter PSA der Kategorie II. Diese benötigt man für alle Tätigkeiten, bei denen Verletzungen wie Quetschungen, Hautabschürfungen, Schnittverletzungen oder Knochenbrüche drohen. Kategorie III ist für Tätigkeiten, bei denen die Gefahr von irreversiblen oder tödlichen Verletzungen (Strahlung, Chemikalien, Erfrierungen oder Verbrennungen) droht.
Bei PSA der Kategorien II und III ist eine EU-Baumusterprüfung durch eine notifizierte Stelle wie den TÜV Rheinland vorgeschrieben. Der Hersteller reicht dafür die technische Dokumentation und Muster ein. Die notifizierte Stelle prüft die Unterlagen und testet die Muster. Der so zertifizierte Prototyp darf bei der Produktion nicht mehr verändert werden - ansonsten muss das modifizierte Produkt neu zertifiziert werden.
„Bei der Kategorie III ist zusätzlich eine jährliche Überwachung Pflicht“, führt Cornelia Baier aus. „Wir holen uns dafür Muster und überprüfen, ob die Serie die Anforderungen erfüllt, wie wir am Baumuster festgestellt haben. Manchmal ist es auch für die Hersteller überraschend, weil die Qualität nicht immer gleichbleibend ist.“
Noch fehlt bei unserem Testhandschuh eine Prüfung: die Reißfestigkeit oder Weiterreißfestigkeit. Ziel ist es herauszufinden, wie beständig das Material ist, wenn man damit irgendwo hängen bleibt.
Die hohe Reißfestigkeit ist übrigens ein Grund, warum Schutzhandschuhe bei manchen Arbeiten an Maschinen nicht verwendet werden dürfen. „Denn es besteht die Gefahr, dass man sich verfängt und reingezogen wird“, erklärt Cornelia Baier. „Bei einer Reißfestigkeit ab zehn Newton darf man die Handschuhe nicht bei sich drehenden Maschinenteilen benutzen.“
Unser Handschuh hat alle Leistungstests bestanden („pass“). Das weitere Vorgehen: Die Sachverständigen des TÜV Rheinland tragen die Ergebnisse in den Prüfbericht ein und schicken ihn mit Fotos und anderen Dokumenten an die hauseigene Zertifizierungsstelle. Diese schickt den Bericht an den PSA-Hersteller, der die Prüfung in Auftrag gegeben hatte. Ähnlich ist das Verfahren, wenn ein Produkt durchgefallen ist („fail“). Dann schickt die Zertifizierungsstelle den Bericht an den Hersteller, der das Produkt nachbessert und zur Nachprüfung an den TÜV Rheinland schickt.
Anhand der Zertifizierung deklarieren die Hersteller dann ihre Produkte. Der Schutzhandschuh im Beispielbild hat unter EN 388 und dem Symbol für PSA gegen mechanische Gefährdungen die Angabe „4121X“. Das bedeutet: Er erreicht Schutzstufe 4 bei Abriebfestigkeit, Stufe 1 bei Schnittfestigkeit (Coupe-Test), Stufe 2 bei Weiterreißfestigkeit und Stufe 1 bei Durchstichfestigkeit. Die neue TDM-Schnittfestigkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt („X“), der Coupe-Test war hier ausreichend. Darüber hinaus erfüllt der Handschuh bestimmte Anforderungen zum Schutz gegen Chemikalien und Mikroorganismen (EN 374 sowie Reagenzglassymbol und Virussymbol) .
Die zweite Station beim Ortstermin in Köln: das Prüflabor für den Kopfschutz. Hier geht es um Helme fast aller Art – wenngleich auch keine Baustellenhelme, denn dafür bräuchte es andere Versuchsaufbauten und andere Geräte. Stattdessen handelt es sich um Schutzausrüstung für den Freizeitbereich. Fahrrad-, Motorrad-, Skihelme und Reiterkappen also.
Die Versuche sind für diese verschiedenen Helmtypen ähnlich, allerdings müssen sie jeweils anderen Kräften und Bedingungen trotzen. Klar: Unfälle mit dem Motorrad passieren in der Regel mit einer höheren Geschwindigkeit als mit dem Fahrrad. Skifahrer wiederum sind im Tiefschnee anderen Risiken ausgesetzt als Reiter bei einem Sturz vom Pferd.
Die Norm EN 1078 sieht im Moment vor, dass ein Helm die Beschleunigung des Kopfes auf eine Kraft von maximal 250g – also das 250-Fache der Erdbeschleunigung – dämpft. Je geringer die Beschleunigung, die bei einem Sturz auf den Kopf wirkt, desto kleiner ist das Verletzungsrisiko. Auf eine gerade Fläche muss der Helm mit 19,5 km/h Geschwindigkeit prallen, was aus etwa eineinhalb Metern Höhe erreicht wird. Ein Aufprall auf einen dachförmigen Amboss, der einen Bordstein simuliert, muss mit 16,5 km/h und damit aus knapp über einem Meter Höhe getestet werden.
Die Laborversuche sollen die realen Bedingungen möglichst gut abbilden. Deshalb ändern sich Normen für Prüfungen. In der überarbeiteten Version der Norm, die noch nicht veröffentlicht ist, soll künftig zusätzlich ein schräger Aufprall simuliert werden. „Deshalb werden wir wohl viele Helme neu zertifizieren müssen“, sagt Peter Schaudt. Der Sachverständige vom TÜV Rheinland ist Experte für Kopfschutz.
„Wir machen ziemlich viel kaputt hier“, schmunzelt Peter Schaudt mit Blick auf die vielen Kratzer und Macken der Prüfvorrichtung. Aber besser hier fliegt ein Helm durch die Gegend als draußen im echten Leben! Exemplarisch zeigt er uns bei einem Fahrradhelm einen Aufschlagtest auf gerader Fläche. „Anhand der Helmgröße wählen wir den Prüfkopf aus“, erklärt der Helmexperte. Der verwendete Kopf wiegt 4,8 Kilogramm, wie ein menschlicher Schädel. Er verfügt über Sensoren zum Messen der Schutzwirkung. Dann heißt es: Fertig machen für den Aufprall!
Den verwendeten Testhelm hatte der TÜV Rheinland bereits zuvor bei einer Prüfung auf den Amboss niederkrachen lassen. Deswegen überrascht es Peter Schaudt nicht, dass er nun beim zweiten Mal keinen besonders guten Wert mehr erreicht. Immerhin: Das Ergebnis von 212g liegt immer noch unter dem Grenzwert von 250g, eine echte Prüfung würde der Helm damit bestehen. „Damit hätte man aber ein schweres Schädel-Hirn-Trauma“, weiß Schaudt. „Eine Kraft von 80g ist das, was man gerade noch verträgt.“
Der Aufpralltest ist sicherlich am spektakulärsten, die anderen Tests sind für die Sicherheit der Verbraucher aber ebenfalls wichtig.
Bei Reiterkappen und Skihelmen ist die Widerstandskraft gegen Durchdringung ein Kriterium. Für den Fall, dass spitze Gegenstände wie Skistöcke bei Stürzen den Helm zu durchstoßen drohen. Dafür wird eine drei Kilogramm schwere Kugel auf einen spitzen Kegel fallen gelassen (siehe Foto). Wenn der Kegel den Helm nicht durchdringt, ist die Prüfung bestanden.
Für Motorradhelme und Reiterkappen geht es um die Widerstandsfähigkeit. „Falls man nach einem Sturz unter einem Pferd oder unter einem Auto liegt“, veranschaulicht Peter Schaudt. Das Prüfgerät fährt dafür auf die Helme herunter im Versuch, den Helm zu zerquetschen – bis die maximal in der Norm geforderte Kraft erreicht ist jedenfalls. „Das wird in verschiedenen Positionen durchgeführt“, erklärt der TÜV-Sachverständige. Die jeweiligen Normen geben Grenzwerte für die maximale und für die bleibende Verformung vor, die die Helme einhalten müssen.
Grenzwerte spielen auch bei der Prüfung des Kinnriemens eine Rolle. Der darf bei einem Aufprall natürlich nicht abreißen, aber er darf auch nicht zu lang werden – sonst droht der Helm vom Kopf zu rutschen.
Auch hier hat unser Testhelm bestanden, obwohl es nicht sein erster Kinnriementest war. Bei der statischen Länge wären bei Fahrradhelmen 25 Millimeter erlaubt, gemessen wurden 4,2 Millimeter. Und auch bei der dynamischen Länge, also unmittelbar nach dem Aufprall, sind 19,9 Millimeter deutlich unter dem Grenzwert von 35 Millimetern.
Getestet werden die Helme unter verschiedenen äußeren Bedingungen. Schließlich können sich die Eigenschaften bei Hitze oder Kälte, bei Feuchtigkeit und Trockenheit verändern. Motorradhelme kühlt der TÜV Rheinland für diese Versuche auf –10, Fahrradhelme auf –20 und Skihelme sogar auf –25 Grad Celsius. Alle Helme werden außerdem bei +50 Grad Celsius getestet.
„Wir haben auch eine Bewässerungsanlage, da werden die Helme für vier bis sechs Stunden von oben geduscht“, sagt Peter Schaudt. Zum Beispiel bei Fahrradhelmen sei dieser Versuchsaufbau sinnvoll. Denn durch die Öffnungen in der Außenschale kann Wasser in die Innenschale gelangen und sich dort einlagern. „Dadurch kann das EPS weniger Energie aufnehmen“, erklärt der Kopfschutzexperte. EPS steht für expandiertes Polystyrol. Dieser harte Schaumstoff sorgt als Dämpfmaterial dafür, die Energie bei Stößen zu absorbieren und zu verteilen. Folglich fällt die Schutzwirkung bei feuchtem EPS geringer aus. „Beim Motorradhelm passiert beim Bewässern dagegen gar nichts“, sagt Peter Schaudt.
Damit der Helm seine Schutzwirkung entfalten kann, muss er nicht nur bestimmte Eigenschaften mitbringen, sondern vor allem eines: beim Aufprall auf dem Kopf bleiben. Der Kinnriementest liefert dafür Hinweise. Endgültige Klarheit schafft aber erst der Abstreiftest. Und da ist ganz ohne Messinstrumente eindeutig, ob das Produkt bestanden hat oder nicht. Zumindest gilt das für Fahrradhelme.
Zurück zur PSA, die in der Arbeitswelt genutzt wird. Dritte und letzte Produktgattung, die wir in Köln unter die Lupe nehmen: Knieschutz.
Hier hat sich Ende vergangenen Jahres die DIN-Norm EN 14404 geändert. Statt drei gibt es nun vier Leistungsstufen:
Alle Normen – nicht nur die von PSA – werden regelmäßig überprüft. Änderungen sind also keine Ausnahme. Um auf dem Laufenden zu bleiben, gibt es beim TÜV Rheinland eine Abteilung, die permanent den Normungsmarkt scannt und Änderungen bekanntgibt. Auf diese Datenbank haben alle Beschäftigten Zugriff. „Danach bewerten wir: Können wir das Produkt weiterhin testen? Oder müssen wir Mitarbeiter schulen, neue Geräte anschaffen oder unser altes Equipment anpassen?“, erklärt Cornelia Baier als Normungsexpertin in einigen Gremien mitwirkt.
In Köln führt der TÜV Rheinland zwei Prüfungen an Knieschützern durch. Einer ist ein Stoßtest, ähnlich wie der Aufpralltest beim Helm. Ein Gewicht von 2,5 Kilogramm saust aus 25 Zentimetern auf einen Amboss hinab, der das menschliche Knie simuliert. Gemessen wird die Kraft, die trotz der Dämpfung durch den Knieschutz noch auf den Amboss einwirkt.
Steven Campagnolo markiert dafür fünf Punkte auf der Schutzzone des Knieschützers. „Die Punkte müssen mindestens 30 Millimeter Abstand haben“, erklärt der Sachverständige für PSA-Produkte und Leiter des Kölner Labors. „Wir testen das Produkt mit fünf gezielten Impacts auf jeden Punkt.“ Im Ablauf ist außerdem das zeitliche Intervall vorgegeben: Zwischen den ersten vier Stößen muss Steven Campagnolo 30 Sekunden warten, vor dem fünften Stoß eine Minute. „Der fünfte Impact ist der, der für den Prüfbericht zählt“, sagt der PSA-Experte, bevor er den Test demonstriert.
Was in Millisekunden passiert, erscheint bald darauf auf dem Monitor des Messgeräts. Der Knieschoner besteht mit einem Wert von knapp 1.000 Newton, 3.000 Newton hätten es sein dürfen.
Die Kraftverteilung auf der Schutzzone ist ebenfalls eine Prüfung, der sich Knieschützer unterziehen müssen. „Das machen wir aber nicht hier, das macht ein Partnerlabor für uns“, sagt Steven Campagnolo. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert der Test so: Sensoren messen die Belastung des Knies an drei Punkten, die Druckverteilung muss gleichmäßig sein. „Wenn du auf einem Stein kniest und die Belastung nur auf einem Punkt ist, besteht die Gefahr einer Verletzung“, veranschaulicht der Laborleiter.
Darüber hinaus gibt es Anforderungen an den Tragekomfort und die Ergonomie. Der Knieschutz darf beim Knien und bei Bewegungen nicht verrutschen. Gleichzeitig dürfen aber zum Beispiel Bänder und Klettverschlüsse nicht den Blutrückfluss im Bein beeinträchtigen. Denn dadurch können Thrombosen entstehen.
Manchmal ist die Arbeit im Kölner Labor tatsächlich zum Niederknien. Für das zweite Prüfverfahren, das der TÜV Rheinland hier anwendet, holt sich Steven Campagnolo die Unterstützung von Joshua Reitmeier, der ebenfalls Sachverständiger für PSA-Produkte ist. „Ich bin ja auch Fakir“, sagt er mit Blick auf das Versuchsgerät scherzhaft. Denn es handelt sich um ein Brett, in dem Schrauben stecken. Darauf soll er sich nun knien – natürlich mit Schutz.
Was er spürt? „Nichts“, sagt Joshua Reitmeier. Was natürlich gut ist. Der Ergonomietest für Knieschützer , die für unebene Flächen geeignet sind (Stufen 1U und 2), beinhaltet: zehnmal für 30 Sekunden niederknien und verweilen. „Danach muss eine Strecke von zehn Metern auf Knien zurückgelegt werden, dabei dürfen die Knieschoner nicht verrutschen“, erklärt Joshua Reitmeier.
Darüber hinaus legt der Prüfer ein zwei Kilogramm schweres Gewicht sowohl vor den Körper als auch schräg neben sich. Dreimal muss er beide aufnehmen und wieder zurücklegen. „Man imitiert eine Arbeitsbewegung mit einem Werkzeug oder mit Arbeitsmaterial“, erklärt Joshua Reitmeier. „Prüfer müssen nach dem Test beurteilen und berichten, ob Unebenheiten erkennbar sind und ob diese eine wesentliche Beschwerde darstellen beim Knien.“
Normen, Normen, Normen – was auf den ersten Blick übertrieben wirkt, ist also ein ausgeklügeltes System. Erst diese Standards sorgen für gleichbleibende Qualität, für Vergleichbarkeit und Verlässlichkeit der Ergebnisse sowie letztlich für die Sicherheit der Verbraucher. „Alle Prüfstellen testen den Knieschutz zum Beispiel auf einem solchen Brett“, erklärt Steven Campagnolo. Prüfgeräte wie dieses seien von allen notifizierten Stellen gemeinsam entwickelt worden, der Abstand der Schrauben zueinander und deren Größe sind festgelegt. „Dafür sind die Normen da.“
Damit notifizierte Stellen wie der TÜV Rheinland die Normstandards einhalten, werden die Prüforganisationen ihrerseits überprüft. Dafür ist die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) zuständig. Die DAkkS kontrolliert regelmäßig die Labore und hinterfragt beispielsweise: Ist das Personal qualifiziert? Wie laufen die Prüfverfahren? Werden die Dokumentationspflichten eingehalten? Wie werden die Prüfmittel kalibriert und überwacht?
Unabhängig von der Akkreditierung durch die DAkkS benötigen notifizierte Stellen eine staatliche Befugnis, um die Konformität von Produkten nach dem Produktsicherheitsgesetz zertifizieren zu dürfen – also auch für PSA. Für diese Befugnis erteilt die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) nach Prüfung.
Mit dem Slogan „Genau. Richtig.“ bringt der TÜV Rheinland seinen Anspruch und seine Unternehmenswerte auf den Punkt. „Prüfen ist wichtig“, fasst Steven Campagnolo seine Haltung gegenüber seiner Tätigkeit zusammen. „Es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn sich Menschen bei Unfällen nicht schwerer verletzen, weil wir hier die PSA getestet haben.“ Cornelia Baier schlägt mit ihrem Fazit in die gleiche Kerbe: „Wir machen die Welt ein bisschen sicherer.“